Die Freude über den Derbysieg war nicht nur bei den Fans groß. FC-Trainer Steffen Baumgart lobte die Leistung seines Teams. Doch ein Schönheitsfehler bleibt – der FC lässt nach wie vor zu viele gute Chancen aus.
Mit einer beeindruckenden Leistung hat der 1. FC Köln das Derby gegen Gladbach verdient gewonnen. In nahezu allen Statistiken waren die Kölner den Fohlen überlegen. Auch in den Torschüssen lag der FC klar vorne – und doch mussten die Geißböcke lange zittern. Trotz des Erfolgs: es bleibt ein dicker Schönheitsfehler beim 1. FC Köln: Der FC hat weiterhin Probleme mit der Chancenverwertung.
Nein, Steffen Baumgart wollte es nicht glauben. Der Kölner Trainer rollte mit den Augen, fasste sich an den Kopf, den er anschließend schüttelte. Baumgart kennt natürlich die Gesetzmäßigkeiten seines Geschäfts. Vermutlich hatte er bereits irgendwo im Hinterkopf, dass sich der Chancenwucher rächen könnte. Zu diesem Zeitpunkt führte der FC bereits 1:0, hätte aber wohl deutlich höher führen müssen. Timo Hübers, bei einer Ecke sträflich freigelassen, setzte den Ball übers statt ins Tor. Jeff Chabot kam ebenfalls nach einer Ecke zum Kopfball, traf aber nur die Latte. Dejan Ljubicic ließ seinen Gegenspieler Marvin Friedrich links liegen, sein Schlenzer wurde von Borussen-Keeper Moritz Nicolas so gerade noch zur Ecke geklärt. Einzig Florian Kainz traf in die Maschen. Das allerdings vom Punkt nach einem Handspiel von Manu Koné.
FC lässt zu viele Chancen liegen
Unmittelbar vor dem Seitenwechsel zog dann Luca Waldschmidt ab und verursachte mit seinem Schuss die Reaktion des Trainers. Waldschmidt traf den Innenpfosten, der Ball wollte aber ebenfalls nicht ins Tor. Und so ging der FC mit einer knappen Führung in die Halbzeit. „Wenn du zwei Mal die Latte triffst und noch gute Möglichkeiten im Strafraum hast, dann wäre ein weiteres Tor beruhigender gewesen“, sagte Baumgart. Und so kam es, wie es kommen musste. Nico Elvedi erzielte per Kopf den Ausgleich. Im Grunde aus dem Nichts und doch irgendwie seltsam erwartbar. „Es war auch wichtig, dass wir nach dem 1:1 nicht eingebrochen sind“, sagte Waldschmidt, der so etwas wie der Inbegriff des Nichteinbrechens war. Immer wieder versuchte es Waldschmidt, suchte die Lücke und/oder den Abschluss, war dabei aber meist glücklos.
Und nicht nur er. Leart Pacarada legte von der Linie zurück auf Davie Selke, der irgendwo zwischen Schaltzentrale und Koordination den entscheidenden Tick zu lange brauchte. Dann legte Kainz auf Selke ab, der dieses Mal von Friedrich geblockt wurde. Möglicherweise hätte der Kölner Kapitän besser Waldschmidt zugespielt, der ebenfalls mitgelaufen war. Selten hätte das Baumgartsche Mantra von viel Leistung, aber wenig Ertrag so gut gepasst. Die Kölner spielten 200 Pässe mehr, flanken drei Mal so viel wie die Borussen, hatten 60 Prozent Ballbesitz und liefen sieben Kilometer mehr. Vor allem aber schossen die Kölner 23 Mal auf das gegnerische Tor, die Borussia ganze fünf Mal.
Baumgart: „Dann gehen dir schon Sachen durch den Kopf“
Die Kölner verbesserten sich mit ihren 23 Schüssen auf Rang vier der Torschuss-Rangliste, belegen aber immer noch den letzten Platz bei der Chancenverwertung mit gerade einmal 5,3 Prozent. Dagegen ist bei Leverkusen und Stuttgart jeder fünfte Schuss ein Treffer. „Wir waren giftig, haben mit dem Ball einen guten Fußball gespielt“, sagte auch Kainz. Nur fehlten wieder einmal die Tore, genauso wie in vielen Fällen gerade über die Flügel auch der finale Pass. „Wir müssen uns vielleicht den Vorwurf gefallen lassen, dass wir im letzten Drittel nicht die Überzeugung hatten, auf das zweite und dritte Tor zu gehen“, sagte Thomas Kessler, Leiter der Lizenzspielabteilung. „Wir sind im Prozess und arbeiten an gewissen Dingen.“
So stand es nach 77 Minuten noch immer 1:1. „Nach dem Ausgleich war das Spiel ausgeglichen. Dann gehen dir schon Sachen durch den Kopf“, gab Baumgart zu. So brauchte es auch eine Rote Karte und einen wiederholten Elfmeter, um auf Erfolgskurs zu kommen. Wohlgemerkt eine berechtigte Rote Karte, ein zu recht wiederholter Elfmeter – vor allem aber Ereignisse, nach denen am Ende des Tages niemand mehr fragen wird. „Wir hatten das Spielglück aber auch auf unserer Seite. Es war ein extrem wichtiger Sieg für uns alle“, sagte einer der Matchwinner – Florian Kainz.