Sieben Spiele, ein Punkt – die Negativserie geht an den Spielern des 1. FC Köln sicherlich nicht spurlos vorbei. Wir haben mit einem Experten über die Rolle der Psyche in der jetzigen Situation gesprochen.
Am Sonntagnachmittag empfängt der 1. FC Köln Borussia Mönchengladbach im RheinEnergie-Stadion. Der FC hofft auf die Wende im Derby. Allerdings ist die Negativserie nicht spurlos an den Kölner vorbei gegangen. Die Misere wird zunehmend zur Kopfsache – was dem FC jetzt helfen kann.
Die meisten Flanken, starke Laufwerte, zahlreiche intensive Läufe und Sprints – die Leistungsparameter des 1. FC Köln stimmen. Zumindest die Parameter, die den FC in den vergangenen Jahren ausgezeichnet haben. Aktuell laufen viele dieser Werte aber ganz offensichtlich ins Leere. Das, was zwei Spielzeiten der Garant des FC-Erfolgs war, will in der dritten Saison nicht mehr funktionieren. Über die Gründe wird viel spekuliert: Mangelnde Qualität im Kader, das schwere Auftaktprogramm, fehlendes Spielglück. Vermutlich ist es eine bunte Mischung aus dem Potpourri an Erklärungen. Steffen Baumgart brachte selbst noch einen anderen Aspekt ins Spiel. „Ich sage es sehr ungern, aber: Wir sind im Moment in einer Situation, in der wir schnell aus unseren Abläufen rauskommen, wenn etwas nicht läuft. Das hat vielleicht auch mit dem Kopf zu tun“, erklärte der Trainer im September. Es würde bereits in ihnen arbeiten. „Wenn viel falsch läuft, hat es auch ganz viel mit dem Kopf zu tun“, sagte nun auch Christian Keller in einem Interview mit dem TV-Sender Sky. „Wenn im Kopf die falschen Gedanken erst einmal drin sind, dann werden die Beine oft schwer.“
„Es wird schwer aus den Stresssituationen herauszukommen“
Dass die Psyche im Leistungssport eine entscheidende Rolle spielen kann, ist bekannt. Aber wird sie beim FC zunehmend zum Faktor? „Sie beeinflusst die Motivation, das Selbstvertrauen und die Fähigkeit, unter Druck performen zu können. Eine starke mentale Verfassung kann also den Unterscheid zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen“, sagt Thorsten Loch, sportpsychologischer Berater. Beim FC überwiegt aktuell eindeutig der Misserfolg und das geht nicht spurlos an den Spielern vorbei. „Negative Ergebnisse verbunden mit negativen Erlebnissen können das Selbstvertrauen beeinträchtigen und gleichzeitig Einfluss auf die Motivation nehmen. Das kann sich wiederum negativ auf die Leistung auswirken, da Zweifel und Ängste die Überzeugung an die eigenen Fähigkeiten erschüttern können. Es wird schwer, aus den jeweiligen Stresssituationen erfolgreich herauszukommen“, erklärt der Experte.
Stresssituationen meistern die Geißböcke noch in aller Regel. Die quantitative Leistung stimmte zumindest streckenweise in den meisten Spielen. Trotzdem stehen die Kölner nach dem siebten Spieltag mit nur einem Punkt in den Händen da, schlittern von einem Frust in den nächsten. „Die Gefahr, nach einer Niederlagenserie in eine Abwärtsspirale zu fallen, ist durchaus vorhanden“, erklärt Loch und: „Man reibt sich auf, strengt sich an und dennoch belohnt man sich nicht und steht am Ende mit leeren Händen da. Da kann schnell die Sinnfrage aufkommen.“ In wieweit sich die Spieler diese stellen, ist von außen nicht zu beurteilen. Dass die Situation aber an den Nerven der Beteiligten zerrt, ist logisch.
Mit positiven Erlebnissen aus der Misere?
In der Sportpsychologie ist das Refraiming ein gängiges Mittel, um diesen Situationen zu entgehen. Negative Ergebnisse und Erlebnisse werden in ein positives Licht gerückt, aus einer gefühlten Bedrohung zum Beispiel eine Herausforderung gemacht. Möglicherweise betonte Baumgart auch deswegen am Dienstag, dass man ja schon auf dem 18. Platz angekommen sei, es nicht tiefer, sondern nach oben ginge. Gerade in der jetzigen Situation spielt der Coach eine große Rolle. „Trainer sind gut darin beraten, mit ihren Sportlern ins Gespräch zu gehen“, sagt Loch. Tatsächlich sucht Baumgart immer wieder das Gespräch mit seinen Spielern. „Primär geht es um die Schaffung eines positiven und unterstützendem Klimas. Es geht um das Stärken der individuellen und kollektiven Fähigkeiten sowie Fertigkeiten, das Setzen von handlungsdienlichen Zielen und das Fokussieren auf den Lernprozess“, sagt Loch. Das Ergebnis steht dabei nicht im Vordergrund. Vielleicht wurden die Kölner Verantwortlichen auch deshalb nicht müde, zu betonen, dass die Leistungen in Teilen gut waren.
Dennoch wird auch der FC nicht an guten Ergebnissen vorbeikommen. Denn die Kritik – auch an Trainer und Spielern – wächst. „Es wäre utopisch zu glauben, dass dies die Sportler zu einhundert Prozent nicht interessiert. Man kann sich den medialen Berichterstattung gar nicht wirklich entziehen“, sagt Loch. „Der Sportler sollte bereits über geeignete Strategien verfügen, die ihn beim Umgang mit der Fremdbeurteilung unterstützen. Häufig werden die Teams ausschließlich auf der Grundlage des Endergebnisses vom Wochenende reduziert. Was unter der Woche passiert und wie die Spieler trainiert haben, bleibt den meisten verborgen“, so der Experte weiter. „Umso deutlicher wird in diesem Zusammenhang, dass das Team an sich glaubt und Ruhe bewahrt. Dies gilt natürlich auch für das System um das Team herum.“ Worte, die man von Baumgart am Dienstag ebenfalls hörte. Aber: „Wenn wir diese Ruhe behalten wollen, dann müssen wir Punkte holen“, sagte der Trainer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Am besten bereits im Derby gegen Gladbach.