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Nun braucht es wohl ein Derby wie 2021

Volles Haus trotz Pandemie, ein Bundesliga-Debüt, erlösende Treffer – das 4:1 vor zwei Jahren war mehr als nur ein Derbysieg – es war so etwas wie der Brustlöser nach einer desaströsen Vorsaison. Jetzt braucht es einen ähnlichen Derbysieg, um die Wende einzuleiten.

„Es war noch nie so wichtig, so ein Derby erfolgreich zu gestalten“, sagte Steffen Baumgart vor einer Woche. Für die Kölner geht es darum, die Wende einzuleiten. Nur lassen die jüngsten Leistungen nicht darauf schließen. Nun braucht es wohl ein Derby wie 2021.

Steffen Baumgart hat in seiner Karriere schon viel gesehen oder in seinem Fall schon viel Rasen gefühlt. Dass es beim 1. FC Köln emotional zugehen würde, wusste der Trainer beispielsweise, bevor er sein Arbeitspapier 2021 unterschrieb. Das hatte er selbst mit Union Berlin bei einer 0:7-Klatsche leidvoll erfahren müssen. Die Atmosphäre, die Emotionen, ja die Kraft dieses rheinischen Derbys hatte auch er bis dato nicht erlebt. „Es ist schön, diese Emotionen zu erleben. Ich durfte das noch nicht erleben“, sagte Baumgart vor ziemlich genau zwei Jahren. „Für mich war es das erste Derby für den FC. Daher war es auch für mich besonders.“

Zu diesem Zeitpunkt war der hemdsärmelige Coach bereits auf dem besten Weg, eine Kölner Kult-Figur zu werden. Baumgart hatte dem dauerkriselnden FC wieder Leben eingehaucht, begeisterte nach Jahren des destruktivem Zerstör-Fußballs mit attraktivem Offensivfußball. Zugegeben, die Fallhöhe war nach der hauchdünnen Rettung im Mai zuvor auch besonders hoch, die Erwartungshaltung eben nicht. Im Gegenteil: Baumgart wurde für seine forsche Ansage, mindestens Platz zwölf erreichen zu wollen belächelt. Wenn man so will, war der Trainer aber zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Baumgart selbst hatte aber auch zum richtigen Zeitpunkt beigetragen.

Das Derby 2021 war ein Brustlöser

Und so krönte sich der Trainer an diesem kalten Abend im November zum Derbysieger. 4:1 schickten die Kölner den Rivalen nach Hause, feierten den höchsten Sieg gegen die Fohlen seit einem Vierteljahrhundert. Nicht ahnend, dass auch das zweite Derby in dieser Spielzeit an die Geißböcke gehen und der FC damit die Tür Richtung Europa ganz weit aufstoßen würde. Baumgart genoss den Moment. Der knurrige Trainer, der bis dahin nur durch innerliches Lächeln aufgefallen war, ging mit einem breiten Grinsen in die Kurve, ließ den Moment auf sich wirken. Nicht nur er. Auch die Südkurve, das Stadion feierte. Der Erfolg über den Lokalrivalen war ein erlösender Moment für die geschundene Kölner Seele. Zwar spielte Köln bis in diesen Herbst schon über den Erwartungen, belegte immerhin den angestrebten zwölften Tabellenplatz nach dem zwölften Spieltag, dennoch wirkte der Derbysieg auf die Spielzeit betrachtet ein wenig wie ein Brustlöser – vielleicht vergleichbar mit dem Polen-Spiel beim Sommermärchen 2006. Der FC ritt auf einer Erfolgswelle. Eine, die vielleicht von der ein oder anderen wirtschaftlichen Baustelle geschickt ablenkte.

Schwäbes Bundesliga-Debüt

Der Abend schrieb für viele Akteure emotionale Kapitel. „Es war mein erstes Bundesligaspiel“, erinnerte sich der Keeper am Mittwoch am Rande des Trainings. Damals hatte Schwäbe den verletzten Timo Horn ersetzt. „Wir gewinnen das Derby. Besser ging es nicht.“ Das bei voller Hütte, mitten in der Pandemie. Schwäbe ließ sich den Posten im Tor nicht mehr abnehmen, für Timo Horn war es der Anfang vom Ende beim FC. Für Rückkehrer Mark Uth war es die Erlösung nach drei schweren Monaten, in denen er nicht mehr getroffen hatte, in denen die Kritik an seiner Person gewachsen war. „Das Tor war echt Erleichterung, weil ich in den vergangenen Wochen auch nicht getroffen habe“, erklärte Uth nach der Begegnung. Der gebürtige Kölner stand neben Sebastian Andersson und Ondrej Duda symptomatisch für die Offensivflaute, die sich hinter dem überragenden Anthony Modeste auftat. Auch Duda und Andersson trafen und beendeten vorerst die Diskussion um die magere Torausbeute. „Wir haben auch in den vergangenen Spielen sehr gute Leistungen gezeigt, konnten es aber – warum auch immer – nicht in einen Sieg ummünzen“, erklärte Torschütze Uth. „Heute hat’s geklappt, das ist für uns natürlich ganz, ganz wichtig.“

Fast genau zwei Jahre später geht der FC durch seine erste Krise unter Steffen Baumgart. Der Zauber hat zum ersten Mal für einen längeren Zeitraum seine Magie verloren. Vielleicht braucht es am Ende genau so ein Derby, ein emotionales, eben ein „Besser-geht-nicht“-Derby um die Wende, das Ende der Krise einzuleiten.

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