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2023: Ein Jahr mit wenigen Höhen, aber folgeschweren Tiefen

Der Auftakt war fulminant, der Absturz hätte nicht fataler sein können. Der FC blickt auf ein Jahr mit wenig Höhen, aber erschreckenden Tiefen zurück. Pünktlich zu Weihnachten hängt der Haussegen am Geißbockheim mächtig schief.

In Schieflage ist er geraten, der Weihnachtsbaum vor der Geschäftsstelle des 1. FC Köln und das erwartungsgemäß am „schwarzen Donnerstag“. Schief, vor allem aber symptomatisch stand der Baum für den traurigen Abschluss einer durchwachsenen Saison, einer Achterbahnfahrt für den 1. FC Köln: Es war eine Spielzeit mit wenigen Höhen, aber vielen und erschreckenden Tiefen. 

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Es war ein Befreiungsschlag, ein beeindruckender zugleich und der dann auch noch zum Auftakt des Jahres. Auf die bis dato abgelieferte Saison hätte er nicht besser folgen können. 7:1 fertigten die Kölner Werder Bremen ab. Vor der verfrühten WM-Pause hatte der FC in der Liga einen Zähler aus fünf Spielen eingefahren, war auf den 13. Tabellenplatz abgeschmiert. Köln hatte in den fünf Begegnungen ganze zwei Treffer erzielt, aber zwölf kassiert – symptomatisch für die Sturmflaute befand sich in den Köpfen der Fans noch der klägliche Versuch von Sargis Adamyan gegen Hertha. Auch aufgrund der schwachen Torausbeute hatte der FC mit Davie Selke nochmal nachgebessert. Held des Abends wurde mit zwei Treffern aber Steffen Tigges, der unter anderem aus knapp 50 Metern einnetzte. Ein Erfolg zur rechten Zeit und ein Erfolg, der offensichtlich motivierte. Denn Köln punktete gegen Bayern, Schalke, Leipzig und Frankfurt. Der FC belegte Rang elf, vier Punkte hinter den europäischen Plätzen. Köln konnte sich mit internationalen Träumen in dem Karneval verabschieden.

Erste Baumgart-Krise, Post von der Fifa

Doch der Kater war groß. Es folgte ein Zähler aus fünf Spielen, eine derbe 1:6-Klatsche gegen den BVB und die erste ernsthafte Krise für Steffen Baumgart. Erstmals wurde der Kölner Coach von einigen Fans in Frage gestellt, wirkte angezählt. Der Zauber der vergangenen zwei Jahre schien verloren. Die Diskussion geriet aber vollkommen in den Hintergrund, war plötzlich gefühlt nichts gegen das anstehende Fiasko, gegen den Beginn des grausamen Jahresendes: die Transfersperre. Die Fifa hatte zugeschlagen, den FC mit einem Registrierungsverbot für zwei Perioden belegt. Die FIFA warf dem FC in Bezug auf den Spieler Jaka Potocnik Anstiftung zum Vertragsbruch vor. Die Kölner hatten den jungen Spieler nur einen Tag nach dessen Kündigung bei Olimpija Ljubljana unter Vertrag genommen. Der FC legte Einspruch ein. 

Emotionaler Abschied der FC-Ikonen

Immerhin zeigten die Kölner eine sportliche Reaktion. Die Achterbahnfahrt ging wieder aufwärts. Und als der Klassenerhalt gefühlt in trockenen Tüchern steckte, bewahrheitete sich der nächste Rückschlag. Emotional verabschiedete sich Joans Hector von seinen Mitspielern, erklärte den Rücktritt zum Ende der Saison und verkündete damit das Ende seiner Karriere. Kurz darauf gab Timo Horn seinen Abschied bekannt, später folgte auch Ellyes Skhiri. Der Aderlass durch die Abgänge des Kapitäns und des Tunesiers war abzusehen. Zwar wollten die Kölner Verantwortlichen zu diesem Zeitpunkt bereits Ersatz suchen und finden, die Hände waren dem FC aber aufgrund der Transfersperre gebunden. Und wie sich zeigte hatte diese aus Kölner Sicht auch schnell Folgen. Während Hector und Horn nach dem Duell gegen die Bayern emotional verabschiedet wurden, sprangen wohl die ersten sicher geglaubten Neuzugänge wieder ab. Das Thema vor dem Trainingsauftakt zur neuen Saison hieß etwa Benedict Hollerbach. Der Außenbahnspieler wechselte schließlich zu Union Berlin, obwohl man sich mit ihm schon ziemlich einig war.

Desolater Saisonauftakt

Doch es gab Neuzugänge, einen namhaften noch dazu. Luca Waldschmidt wurde als Königstransfer aus dem Hut gezaubert, unmittelbar nachdem der Sportgerichtshof die Sperre ausgesetzt hatte. Dazu verpflichteten die Kölner einige junge und einige weniger junge Spieler, die erfolgsversprechend erschienen, den Beweis in der verkorksten Saison bislang aber weitestgehend schuldig geblieben sind. Der FC startete vielversprechend in die Testspiele der Vorbereitung und mit einem Zittersieg über Osnabrück in die Pflichtspielphase. Nachdem es unglücklich keine Punkte gegen Dortmund gab, rutschte die Leistung der Kölner Spieler aber zunehmend ab, es wurde immer mehr zu einer Kopfsache. Und obwohl es erste Anzeichen gab, dass der Kader in der Breite nicht gut genug erschien, sich zudem mit Davie Selke und erneut Mark Uth Hoffnungsträger verletzten, zudem die Transfersperre nach wie vor im Raum stand, wurde auf dem Transfermarkt nicht mehr nachgebessert. Abgesehen von dem 3:1-Erfolg im Rheinderby gab es wenig Grund zur sportlichen Freude. Und auch dort profitierten die Kölner unter anderem von zwei (eigentlich drei) Elfmetern.

Erste Risse und das Ende einer kurzen Ära

Immerhin hatten die Kölner Verantwortlichen bis dahin auf den schweren Saisonauftakt verweisen können, der allerdings mit dem desolaten Auftritt beim 0:6 gegen Leipzig ein Ende gefunden haben sollte. Der schwere Saisonauftakt war passé, die Krise aber noch lange nicht. Von den von Baumgart ausgerufenen Endspielen gewann Köln nur eins. Und in Steffen Baumgart reifte sichtbar die Idee, dass er doch nicht für jede Situation eine Lösung parat hatte. Der Kölner Coach wirkte zunehmend ratlos, reagierte mitunter dünnhäutig und traf für ihn untypische Personalentscheidungen. Zudem gab es zunehmend Anzeichen, dass der kolportierte gemeinsame Weg, nicht ganz so gemeinsam war. Schon im Sommer hörte sich die Tonlage bei Baumgart und Keller in Bezug auf Neuverpflichtungen unterschiedlich an. Spätestens nach Baumgarts deutlichen Worten zur Transferpolitik war das Verhältnis zwischen ihm und seinem Sportdirektor aber belastet.

Nach dem 0:2 gegen Union Berlin deutete sich dann auch das Ende der Beziehung zwischen Baumgart und dem 1. FC Köln an. Keine 24 Stunden später kam es zur erwarteten Trennung, von der nach den Worten der Beteiligten ein Steffen Baumgart wohl eher überzeugt war, als Christian Keller. Damit endete die Ära Steffen Baumgart beim 1. FC Köln nach nur zweieinhalb Jahren. Eine besondere Ära, die aus der Sicht der meisten Fans viel zu früh zu Ende ging. Das Trainer-Aus war gerade kommuniziert, da folgte die Hiobsbotschaft aus Lausanne. Die Transfersperre war bestätigt, das Fiasko perfekt.

Was bleibt?

Der FC steht wohl vor dem größten Scherbenhaufen der Vereinsgeschichte. Scherben, die durch Fehleinschätzungen, Fehlbewertungen entstanden sind. Die Kölner haben ihre Spielidee und den schwächelnden Kader an einen Trainer geknüpft, von dem man geglaubt hat, er könne Wunder vollbringen, eben sämtliche Spieler zur Bundesligatauglichkeit entwickeln. Nun ist Baumgart nicht mehr da und die Kölner Verantwortlichen befinden sich in der misslichen Lage, einen Trainer finden zu müssen, der mit dem vorhandenen Kader das Wunder Klassenerhalt vollbringen soll, aber in den kommenden beiden Transferperioden keinen einzigen Spieler verpflichten darf. Das ist nochmal besonders bitter, weil die Transferhistorie unter Keller keine besonders glückliche ist. Die FC-Bosse sind angezählt, haben im Kampf um die Transfersperre, in Personalentscheidungen und auch im Umgang mit der Pyrotechnik im Stadion erstaunlich viele Fehler gemacht, für die sie in erstaunlich wenigen Fällen die Verantwortung übernommen haben. Wenig Geld, kein Trainer, keine Neuzugänge – was die restlichen Tage des Jahres noch für Überraschungen bereithalten, bleibt abzuwarten. Der Haussegen hängt an Weihnachten am Geißbockheim mächtig schief, mindestens genauso schief wie die Tanne vor der Geschäftsstelle.


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