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Analyse: Warum Baumgarts Plan gegen die Bayern nicht funktionierte

Bei der 0:1-Niederlage gegen die Bayern setzte FC-Trainer Steffen Baumgart erstmals auf eine Dreier- und Fünferkette. Der Versuch scheiterte und das hat mehrere Gründe.

FC-Trainer Steffen Baumgart hatte gegen den FC Bayern München einen überraschenden Plan. Die ungeliebte Dreierkette sollte herhalten. Das führte bei der 0:1-Niederlage aber zu einer Reihe von Problemen beim 1. FC Köln: Warum die Dreierkette nicht funktionierte

Selbst als der FC am Freitagabend die vermeintliche Aufstellung für das Topspiel gegen den FC Bayern München auf der eigenen Homepage mehr oder minder bekannt gab, waren die Zweifel bei Anhängern, aber auch den Experten groß. Dass Steffen Baumgart wirklich auf ein anderes System umstellen würde, schien nach zweieinhalb Jahren Baumgart-Viererketten-Fußball keine Option. Tatsächlich formierte sich dann bei den Geißböcken zum Anpfiff eine Dreier- respektive Fünferkette. Nun ist diese taktische Maßnahme kein Hexenwerk, in der Bundesliga durchaus eine gängige Variante und sollte auch gestandene Fußballprofis grundsätzlich nicht vor besonders große Herausforderungen stellen. Beim FC überraschte die Systemumstellung dennoch. Dass sie gegen die Bayern nicht zum erhofften Punkt führte, nicht wirklich. Und das hat gleich mehrere Gründe.

Fragezeichen bei der Aufstellung

Tatsächlich hat Baumgart seit einem Amtsantritt im Juli 2021 die Viererkette wie ein Heiligtum in die Kölner Denke integriert. Zwar hat der 51-Jährige in der Vergangenheit ab und an Testspiele dazu genutzt, die Dreierkette mal anzutesten, wirklich überzeugt schien er aber nicht. Und so spielte der FC in den Pflichtspielen bis heute ausschließlich mit der Viererformation. Die Abläufe, Absprachen und Aufgaben sind mittlerweile automatisiert, jeder Spieler weiß, welche Rolle er in den System übernimmt. „Letztendlich sollte man doch immer versuchen, das umzusetzen, was man in der Regel auch beherrscht. Das ist sicherlich die sinnvollere Variante als etwas auszuprobieren, was man zehn Spieltage lang nicht getan hat“, sagte Professor Daniel Memmert vom Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik der Deutschen Sporthochschule Köln im Oktober.

Auch, wenn Baumgart die Dreierkette unter der Woche hatte trainieren lassen, sie wirkte alles andere als einstudiert. Im Gegenteil: gleich mehreren Spielern war anzumerken, dass sie nicht so recht wussten, wie sie mit der Umstellung umgehen sollten, es fehlten erwartungsgemäß eben die Automatismen und Abläufe. Ob eine Länderspielpause reicht, um das System zu verinnerlichen, ist zumindest fraglich. Zumal mit Eric Martel, Florian Kainz und Jan Thielmann gleich drei Spieler der Anfangself in der vergangenen Woche gar nicht oder nur teilweise am Geißbockheim verweilten. Dafür saß gegen die Bayern aber ein Leart Pacarada, der bei St. Pauli ein wichtiger Teil der Dreierkette war, diese verinnerlicht hat wie kein anderer FC-Profi, genauso auf der Bank wie Dominique Heintz, der diese Variante aus seiner Bochumer Zeit noch bestens kennt.

Baumgarts Plan geht nicht auf

Dass die Fünferkette dennoch auch gegen die Bayern funktionieren kann, bewiesen die Kölner in der zweiten Halbzeit. Allerdings mit einer ganz anderen Ausrichtung als noch in Durchgang eins. „Bevor ich zur Dreierkette wechsele, Leute, alles gut… Sie gilt zwar oft als Allheilmittel, aber meistens ist es eine Fünferkette mit geparktem Bus. Das ist nicht meine Geschichte“, hatte der Trainer vor einem Jahr gesagt. Und so suchte Baumgart in den ersten Minuten mit seinem Team erwartungsgemäß das Heil in der Flucht nach vorne. Und das hatte gravierende Auswirkungen. Denn wie angekündigt liefen die Kölner die Bayern hoch und aggressiv an.

Das sah auch zeitweise nicht schlecht aus. Nur scheinen die Bayern für diese Variante individuell zu gut besetzt, denn der FC macht zu viele individuelle Fehler. „Wir wollten die Müdigkeit der Bayern ausnutzen, sie hoch anlaufen und zu Fehlern zwingen. Das ist komplett daneben gegangen, weil die Qualität des Gegners einfach auch zu groß war“, sagte Baumgart, der noch vor dem Spiel erklärte, dass er die Spieler auf den Platz bringen wollte, die mit Tempo anlaufen. Der FC lief auch rund drei Kilometer mehr als die Bayern, doch hatte er nicht wirklich viel davon. Gegen eine Mannschaft, die sich wie die Bayern aus gefühlt jedem Pressing mit spielerischen Mitteln und schnellem Umschaltspiel befreien kann, hatte die Formation so viel von Harakiri.

FC nun doch mit Defensivfußball

So rückten die Außenbahnspieler im Pressing so weit auf, dass die vermeintliche Innenverteidigung im Grunde gesprengt wurde. Timo Hübers und ab und an auch Luca Kilian waren so gezwungen, die Außenpositionen mit zu bekleiden. Beim Ballverlust wurden so die Räume zwischen den Verteidigern zu groß und die Bayern hatten mit ihren langen Bällen ein einfaches Spiel. Denn aus der vermeintlichen Fünferkette wurde so eine Dreierkette, an deren Ende in den ersten 30 Minuten Jeff Chabot das letzte Heilmittel blieb. Gleich mehrfach kam es zu Drei-auf-Eins-Situationen, die die Bayern erstaunlicherweise nicht nutzten. „Die ersten 30 Minuten nehme ich komplett auf meine Kappe. Da habe ich die Jungs einfach zu hoch gejagt. Und das gegen eine Mannschaft, die dir keinen Stich lässt. Da muss man froh sein, dass die Bayern dich am Leben gelassen haben. Vieles hat nicht funktioniert“, sagte dementsprechend auch Baumgart.

Und so ließ sich Baumgart zur Halbzeit doch auf sein eigentliches „No-go“ ein und wählte eine destruktive 5-4-1-Variante. Das gab dem FC Sicherheit, führte auch dazu, dass es die Bayern nun deutlich schwerer hatten, in der Offensive fand Köln nun aber noch weniger statt als im ersten Durchgang. „Wir haben tiefer gestanden, was ich mir normalerweise nicht auf die Fahne schreibe, aber es war notwendig. Und dann haben wir gut verteidigt“, sagte der 51-Jährige. „Die zweite Halbzeit war besser. Die Dreierkette hat es gut gemacht. Wir nehmen da sehr viel mit.“ Offenbar wird die Dreierkette so zu einer Variante. Vielleicht nicht unbedingt gegen die Bayern.


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