Vor einem guten Jahr gab Sportdirektor Christian Keller eine neue Marschroute für den FC vor. Man wolle junge, zum Teil unbekannte Spieler weiterentwickeln, um sportlich und oder wirtschaftlich zu profitieren. Seitdem lautet das Ziel Entwicklungsclub: Ist der 1. FC Köln auf dem richtigen Weg?
Christian Keller war erst wenige Wochen beim 1. FC Köln im Amt, da äußerte er seine Vision für den FC der Zukunft – wenn auch aus der finanziellen Not geboren. Denn der 43-Jährige präsentierte einen Plan, mit dem er den „Sanierungsfall“ Köln gesunden wollte. Einen Plan, den er mit Machern wie Trainer Steffen Baumgart oder dem Leiter der Lizenzspielabteilung, Thomas Kessler, umsetzen will. In einem Interview sprach der Wirtschaftsexperte damals vom zukünftigen FC als Entwicklungsclub. Junge Spieler sollen sich beim FC entwickeln und Köln möglicherweise irgendwann für eine deutlich höhere Ablösesumme wieder verlassen. Ein gutes Jahr später hat Steffen Baumgart neun neue Spieler in den Kader integriert – nicht alle sind wie erhofft eingeschlagen. Wie weit ist es mit dem Ziel Entwicklungsclub: Ist der 1. FC Köln auf dem richtigen Weg?
Nur wenige Wochen nach seinen Worten ließ Keller diesen auch Taten folgen. Insgesamt verpflichtete der Sportdirektor in der vergangenen Spielzeit acht Spieler, dazu holten die Kölner Verantwortlichen mit Florian Dietz einen weiteren Akteur aus dem eigenen Nachwuchs zu den Profis. Die Bilanz der Neuzugänge hätte wohl kaum unterschiedlicher ausfallen können. Von Überfliegern über Dauerverletzte bis zu Bankdrückern ist so ziemlich alles dabei.
1. FC Köln: Martel, Maina und Selke überzeugten
Mit Eric Martel, Linton Maina und Davie Selke haben es gleich drei Neuverpflichtungen zum Stammpersonal geschafft und das für einen insgesamt überschaubaren Wert. Maina und Selke kamen ablösefrei zum FC, Martel kostete die Geißböcke rund 1,2 Millionen Euro. Laut Transferexperten kommen die drei Akteure aktuell insgesamt auf einen Marktwert von mehr als zehn Millionen Euro. Bei den jungen Spielern Maina und Martel ist die Tendenz deutlich steigend. Für den kommenden Sommer prognostizieren die Experten den Marktwert der beiden Leistungsträger alleine auf mehr als 10 Millionen Euro. Wirtschaftlich sind diese Neuzugänge schon jetzt ein Gewinn.
Und auch sportlich haben sich die Transfers gelohnt. Vor allem in der zweiten Saisonhälfte hat Martel einen enormen Sprung gemacht, ist zum Leistungsträger geworden und stand seinem (ehemaligen) Nebenmann auf der Doppelsechs Ellyes Skhiri gerade bei den Defensivwerten in nichts nach. Auch Maina hat eine deutlich positive Entwicklung durchgemacht. In nahezu sämtlichen Werten hat sich der 23-Jährige verbessert. Der Flügelspieler konnte seinen Marktwert verdreifachen, passt perfekt zu dem Spiel von Steffen Baumgart, fühlt sich sichtbar wohl. Nur an der mangelnden Torgefahr muss der Offensivspieler definitiv noch arbeiten. Maina ließ zu viele Chancen ungenutzt, oft kam der letzte Pass nicht an.
Davie Selke benötigte dagegen ein wenig Zeit, um in Köln anzukommen. Ein Formhoch bescherte ihm und dem FC letztlich fünf Tore, ein ordentlicher Wert. Ob Selke diese Form halten kann, wird sich in der kommenden Spielzeit zeigen müssen. In das klassische Bild des Entwicklungsspielers passt der 28-Jährige allerdings nicht mehr.
Durchwachsene Saison für Steffen Tigges
Eine ebenfalls positive Entwicklung hat Denis Huseinbasic durchgemacht. Der Mittelfeldspieler kam für 50.000 Euro zum FC. Die Transfer-Experten berechnen seinen Marktwert mit 2,5 Millionen Euro, auf dem Online-Portal transfermarkt.de wird der Marktwert mit 5 Millionen Euro angegeben. Huseinbasic ist damit wohl das Paradebeispiel für einen Entwicklungsspieler. Der Youngster darf sich ähnlich wie Eric Martel berechtigte Hoffnungen auf einen Einsatz bei der U21-EM in den kommenden Wochen machen. Ein Ziel, von dem er vor einem Jahr wohl noch nicht zu träumen wagte.
Steffen Tigges blickt auf eine durchwachsene Saison zurück. Der Angreifer startete aus einer komplizierten Verletzung in die Saison und wird auch in die kommende Spielzeit verletzt starten. Dazwischen lag wohl eine Achterbahn der Gefühle für den Stürmer, der zunächst in die übergroßen Fußstapfen von Anthony Modeste treten musste. Unterm Strich erzielte Tigges bei 30-Liga-Einsätzen sechs Tore. In Erinnerung wird ihm der Treffer beim 3:2-Erfolg über seinen Ex-Club Dortmund bleiben, genauso wie sein 45-Meter-Tor gegen Bremen. Für einen Platz in der Startelf muss Tigges aber noch einmal ein paar Körner drauflegen, seinen Marktwert hat der Angreifer dennoch verdoppelt.
1. FC Köln: Schwerer Stand für Adamyan, Soldo und Pedersen
Für die weiteren Neuzugänge verlief die Saison alles andere als gut. Florian Dietz war erfolgreich in die Spielzeit gestartet, zog sich dann aber einen Kreuzbandriss zu, fehlt dem FC seitdem. Sturmkollege Sargis Adamyan passt so gar nicht in das Vorhaben Entwicklungsclub. Der Angreifer wurde erstaunlicherweise mit einem Vier-Jahres-Vertrag ausgestattet, im zarten Alter von damals 29 Jahren, fällt er aus dem Raster eines Entwicklungsspielers.
„Sargis hat noch nicht funktioniert, obwohl ich bekanntlich sehr viel von ihm halte. Stand jetzt gehen wir davon aus, dass Sargis hier zum Trainingsauftakt in einem anderen Zustand aufschlägt und sich anders präsentiert“, sagte Christian Keller im Interview dem „Kölner Stadt-Anzeiger„. Der Armenier wechselte für rund 1,5 Millionen Euro an den Rhein. Tatsächlich erzielte Adamyan in neun Liga-Einsätzen für Brügge fünf Tore, traf im Schnitt alle 95 Minuten. Beim FC ist es erst ein Ligatreffer bei 24 Einsätzen. Adamyans Marktwert wird aktuell auf rund 2,4 Millionen Euro berechnet, die Tendenz ist klar fallend.
Auch Nikola Soldo und Kristian Pedersen hüten eher die Bank. Soldo wurde am Deadline-Day noch verpflichtet, galt als junger Entwicklungsspieler. Zunächst kam der Kroate auch regelmäßig zum Einsatz, seit der 0:3-Pleite in Stuttgart im Februar dieses Jahres hat Soldo für den FC nicht mehr auf dem Platz und seit April nicht mehr im Kader gestanden. Christian Keller betonte zuletzt, dass Soldo aber in Bezug auf den Marktwert eine positive Entwicklung durchgemacht habe. Branchenkenner sehen das Plus aber nur marginal. Kristian Pedersen hatte dagegen das Pech, mit Jonas Hector einen absoluten Leistungsträger vor seiner Nase zu haben. Gegen Hector konnte sich der robuste Däne erwartungsgemäß nicht durchsetzen. Und auch in der kommenden Spielzeit wird es für Pedersen schwer, denn mit Leart Paqarada haben die Kölner einen starken Außenverteidiger verpflichtet.
Noch vor einem Jahr betonte Christian Keller, der FC müsse sich als Entwicklungsclub etablieren. Auch, um Gelder zu akquirieren. Bei 50 Prozent der Neuverpflichtungen ist sowohl sportlich als auch wirtschaftlich eine positive Entwicklung erkennbar – der FC befindet sich also auf einem sehr guten Weg. Je nachdem wie die aktuelle Transferperiode läuft.
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