Der Europäische Gerichtshof hat am Freitag entschieden, dass von ihm begutachtete Transferregelungen der FIFA gegen europäisches Recht verstoßen. So auch in einem ähnlichen Fall wie beim FC. Hat der 1. FC Köln Anspruch auf Schadensersatz? Wir haben mit dem Juristen und Experten Prof. Dr. Alexander Scheuch gesprochen.
Am Freitag hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass einige Transfervorschriften des Fußball-Weltverbandes FIFA gegen „Unionsrecht verstoßen“. Das könnte auch Folgen für den FC haben. Denn der auslösende Fall ist ähnlich gelagert wie der Fall, der zur Sanktion gegen die Geißböcke führte. Hat der 1. FC Köln also Anspruch auf Schadensersatz? Prof. Dr. Alexander Scheuch ordnet das Urteil für come-on-fc.com ein.
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Zumindest auf diese Saison bezogen scheint der 1. FC Köln sportlich mit einem blauen Auge in Bezug auf die Transfersperre davon gekommen zu sein. Der Kader ist zwar in der Breite nicht wirklich top besetzt, insgesamt verfügen die Kölner aber schon über die Qualität, zumindest in der Theorie ein Wörtchen im Kampf um die Aufstiegsplätze mitzureden. Dass es überhaupt um den Aufstieg geht, hängt dann aber wohl doch mit der FIFA-Sanktion zusammen. Der FC hatte schon im vergangenen Sommer seine Schwierigkeiten, die angestrebten Transfers durchzubringen, anscheinend sind fest eingeplante Spieler abgesprungen, im Winter waren den FC-Vereinsbossen dann gänzlich die Hände gebunden. Ein Nachjustieren war also nicht möglich. Es folgte der Abstieg, der dadurch entstandene Schaden dürfte immens sein.
Prof. Dr. Alexander Scheuch: „Das Urteil ist für die FIFA die zu erwartende krachende Niederlage“
Nun ist die Transfersperre so gut wie abgesessen, der FC darf im Winter wieder Spieler registrieren und ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs lässt den ein oder anderen Fan bereits hoffen, dass der FC auf Schadensersatz klagen kann. Denn der EuGH hat am Freitag entschieden, dass von ihm begutachtete Transferregelungen der FIFA gegen europäisches Recht verstoßen und das könnte wiederum weitreichende Folgen haben. „Das Urteil ist für die FIFA die zu erwartende krachende Niederlage. Die Regeln zum Transfer vertragsbrüchiger Spieler verstoßen praktisch auf ganzer Linie gegen europäisches Recht“, sagt Jurist Prof. Dr. Alexander Scheuch, der einst selbst in der Rechtsabteilung des FC tätig war. „Der Gerichtshof vergleicht die Situation damit, dass sich Konkurrenzunternehmen versprechen, sich nicht gegenseitig die Arbeitnehmer abzuwerben.“
Der Auslöser für das Urteil ist mit dem Fall der Kölner vergleichbar: Lassana Diarra war 2013 von Real Madrid zu Lokomotive Moskau gewechselt. Nach nur einem Jahr löste der Franzose seinen Vertrag einseitig auf – das nach Ansicht von FIFA und CAS zu Unrecht. Doch Diarra tat sich schwer, einen neuen Club zu finden, denn potentielle Interessenten sorgten sich um Sanktionen wie eine Transfersperre und/oder Geldstrafen. Sporting Chaleroi war an dem Spieler interessiert, sprang aber aus Angst vor Strafen ebenfalls kurzfristig ab. Diarra verklagte daraufhin die FIFA auf sechs Millionen Euro Schadensersatz. Das belgische Gericht legte den Fall dem EuGH vor, der nun zu einem Urteil kam.
Scheuch: „Für die gegen den FC ausgesprochene Strafe bestand keine wirksame Grundlage im FIFA-Regelwerk“
Und damit kommt nun auch wieder der FC ins Spiel. Denn die Fälle sind ähnlich gelagert. Nur, dass Diarra seinen Vertrag wohl selbst gekündigt hat. „Auch die Regeln zur Transfersperre hält der EuGH für rechtswidrig. Die pauschale Sanktion sei viel zu drastisch. Außerdem dürfe es nicht anlasslos zu der vorgesehenen Beweislastumkehr zulasten des neuen Clubs kommen“, sagt Scheuch. „Das sind also genau die Vorschriften, unter denen der FC im Fall Potocnik gelitten hat. Nun steht fest: Für die gegen den FC ausgesprochene Strafe bestand keine wirksame Grundlage im FIFA-Regelwerk.“ Nur ist die Transfersperre wie berichtet abgesessen. Die Kölner können im Winter wieder nachbessern. Mit Sicherheit gibt es die ersten Pläne, vielleicht laufen die ersten Gespräche. Der Abstieg steht ohnehin fest, es geht sportlich nun wieder um den Aufstieg.
Was kann der FC also tun? „Ich halte es für sehr gut denkbar, dass dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch des FC gegen die FIFA besteht. Denn den Opfern von Kartellrechtsverstößen steht Ersatz zu. Die größte Schwierigkeit wird aber darin liegen, genau zu beziffern, welche Schäden der FC infolge der Transfersperre erlitten hat. Wie will man zum Beispiel nachweisen, dass man nicht abgestiegen wäre, wenn man im Winter 2023/24 Spieler hätte verpflichten können?“, sagt Scheuch. „Gerichte haben bei der Berechnung des Schadensersatzes zwar einen gewissen Spielraum für Schätzungen. Aber der FC müsste trotzdem plausibel darlegen, welche Einnahmen ihm durch die Sperre entgangen sind beziehungsweise welche weiteren Nachteile er hatte. Ganz ordentlich dürften beispielsweise die Aussichten darauf sein, sich die Kosten, die man durch das Verfahren vor dem FIFA-Gericht und dem Schiedsgericht CAS hatte, wiederzuholen.“
Wie geht der FC nun weiter vor?
Das dürften wiederum geringe Einnahmen im Vergleich zu dem entstandenen Schaden des Abstiegs sein. Dennoch wäre der Schritt denkbar. Eine offizielle Stellungnahme vom Verein gibt es noch nicht. Es bleibt aber die Frage, ob die Kölner hätten anders handeln können. Schließlich hatten sich die FC-Bosse dazu entschieden, eben nicht gegen das CAS-Urteil vorzugehen. „Ob der FC schon früher gegen die Sperre hätte vorgehen können, wenn das Urteil in Sachen Diarra absehbar gewesen wäre, lässt sich schwer sagen“, sagt Scheuch. „Den normalen Instanzenzug hat der Club ja letzten Endes ohnehin voll ausgereizt. Man hätte allenfalls erwägen können, noch vor staatliche Gerichte zu ziehen und eine einstweilige Verfügung zu erstreiten. Das wäre aber seinerseits mit Unsicherheiten verbunden gewesen. Ich kann nachvollziehen, dass man diesen Weg nicht gegangen ist.“
So bleibt nur abzuwarten, wie die FC-Bosse nun weitervorgehen.
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