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Warum Heidenheim für Christian Keller in der Bundeliga „eigentlich unmöglich“ ist

Für den 1. FC Köln startet das Jahr 2024 mit dem Pflichtspiel gegen den 1. FC Heidenheim. Unterschiedlicher könnten die Vorzeichen vor der Partie nicht sein. Und doch sind sie in dieser Spielzeit anders als erwartet.

Größer könnten die Unterschiede eigentlich nicht sein: Der 1. FC Köln als erster Meister der Bundesliga trifft auf den Aufsteiger 1. FC Heidenheim. Eigentlich sollten die Rollen klar verteilt sein. Eigentlich. Warum Heidenheim für Christian Keller eine absolute Sensation ist.

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Obwohl die Kritik an seiner Person in den vergangenen Wochen deutlich zugenommen hat, fällt Christian Keller weiterhin durch eine eher sachliche, eine nüchterne Art auf. Der Sportdirektor des 1. FC Köln poltert nicht sonderlich, neigt bei öffentlichen Auftritten aber auch eher selten zu Begeisterungsausbrüchen. Vor gut zwei Monaten geriet der 46-Jährige im eigens produzierten FC-Podcast dann doch ins Schwärmen. „Dass der 1. FC Heidenheim in der Bundesliga spielt, ist eine absolute Sensation“, sagte Keller über den vermeintlichen direkten Konkurrenten. „Für mich ist das die größte Managerleistung, die ich im Fußball bis jetzt live miterleben durfte, was Holger Sanwald da mit seinen Kollegen gemacht hat.“

Großer Erfolg mit überschaubaren Mitteln

Tatsächlich ist die Entwicklung des Tabellenneunten eine beeindruckende. Eben jener Holger Sanwald übernahm als 27-Jähriger 1994 den Heidenheimer SB als Abteilungsleiter. Damals spielte der Klub in der Landesliga, trat dort aber auf der Stelle. Doch mit Sanwald, der zu dieser Zeit noch in der Reserve des Vereins auf Torejagd ging, gelang der Aufschwung. Der heute 56-Jährige suchte mittelständige Unternehmen als Sponsoren, führte Heidenheim zunehmend in professionelle Strukturen und gleichzeitig in die Oberliga. 2007 spaltete sich der 1. FC Heidenheim ab, es folgte 2008 der Aufstieg in die Regionalliga. Und das erstmals unter dem neuen Trainer Frank Schmidt. Kontinuierlich ging die Erfolgsgeschichte weiter. Eben bis zum Aufstieg in die Bundesliga in der vergangenen Spielzeit.

Und das nach wie vor mit überschaubaren Mitteln. Gerade einmal zwei Millionen Euro gab Heidenheim im Sommer aus, davon 1,8 Millionen Euro für Stürmer Marvin Pieringer. Das Online-Portal gool.ai berechnet den Kaderwert auf 42 Millionen Euro, der Wert der Kölner liegt bei 83 Millionen. „Was uns stark macht, sind Fleiß, Ehrgeiz, Ehrlichkeit. Wir gehen alle vernünftig miteinander um, bescheißen keine Sponsoren oder Partner“, erklärte Sanwald erst vor wenigen Wochen im Doppelpass. „Es gibt bei uns viele tolle mittelständische Unternehmen, das ist unsere Basis, da gibt es keinen einzelnen Mann, entsprechend lang ist ja auch unsere Sponsoren-Liste.“

Keller: „Grundsätzlich ist das eigentlich unmöglich“

Eine Erklärung, die banal, vielleicht zu banal klingt – zumindest für die gesamte Erfolgsgeschichte. „Grundsätzlich ist das eigentlich unmöglich. Dass Heidenheim Bundesliga spielt und große Klubs wie Schalke, Hamburg, Düsseldorf oder Hannover hinter Heidenheim rangieren, das ist an harten Fakten festgemacht, nicht zu erklären“, sagte auch Christian Keller im Oktober. „Aber es geht im Fußball nicht nur um harte Fakten. Es geht auch um weiche.“ Und als diese machte der Kölner Sportdirektor unter anderem die geringere Medialität aus. Und: „An kleineren Standorten ist im Gegensatz zu größeren Klubs eine höhere Personenkontinuität auf entscheidenden Stellen ausgeprägt. Wenn man alleine beim FC schaut, wie viele Cheftrainer, sportliche Verantwortliche und vielleicht auch Präsidenten der FC in den vergangenen Jahren hatte, dann kommt man auf eine hohe Zahl. Holger Sanwald ist seit 1994, Frank Schmidt ist seit fast 17 Jahren verantwortlich.“

Und wenn es nach Sanwald geht, wird sich so schnell zumindest an der Personalie des Trainers auch nichts ändern. „Frank Schmidt kann sich nur selbst entlassen, dieser Satz ist so bei uns. Er will sich an Erfolgen messen lassen, das zeichnet seinen Charakter aus. Und das begeistert auch uns“, so der 56-Jährige. Das Vorgehen in Heidenheim erinnert schon ein wenig an den SC Freiburg. „Große Klubs haben ein hohes Maß an Nervosität und Volatilität (Schwankungen, Anm. d. R.). Man verändert etwas, um etwas besser zu machen. Auch um für eine vermeintliche Zufriedenheit bei den externen Anspruchsgruppen zu sorgen. Langfristig wird es aber selten besser“, erklärte Keller damals, in der Annahme, ebenfalls an Steffen Baumgart festzuhalten. Vermutlich in der Hoffnung, ebenfalls durch Kontinuität in die Erfolgsspur zu finden. Mit der Kontinuität ist es seit Dezember vorerst wieder vorbei.

Und so treffen am Samstag zwei Klubs aufeinander, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Und doch eint sie eine Sache: Im Winter wird es weder bei Heidenheim noch beim FC keine Neuverpflichtungen geben. Während der FC es nicht darf, will Heidenheim nicht. „Ich brauche keinen Neuzugang. Ich liebe diese Mannschaft und vertraue ihr zu hundert Prozent“, sagte Schmidt unlängst dem „Kicker“.

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