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Ist Baumgarts Weg noch der richtige?

Steffen Baumgart wird nicht müde zu betonen, dass sein Weg der richtige ist – er bei seinem Offensivfußball, dem hohen Anlaufen, der hohen Intensität bleibt. Dafür wurde er von einigen Fans bereits kritisiert. Zu recht? Wir haben mit Professor Daniel Memmert von der Deutschen Sporthochschule Köln darüber gesprochen.

Hohes Anlaufen, intensives Pressing, Offensivfußball – Steffen Baumgart wird nicht müde, seine Auffassung von Fußball zu betonen. Seit zweieinhalb Jahren sollen die FC-Profis diesen Weg gehen – in Zukunft auch die anderen Kölner Juniorenteams. Diese Saison will es nicht rund laufen. Daher muss eine Frage erlaubt sein: Ist Baumgarts Weg noch der richtige?

Ein Punkt gegen Bochum, ein Punkt gegen Augsburg – die von FC-Trainer Steffen Baumgart ausgerufenen Endspiele verliefen nach dem schwachen Saisonauftakt so ganz anders als erhofft. Denn eigentlich wollten die Kölner gerade gegen die vermeintlichen Gegner auf Augenhöhe ein wenig verlorenen Boden wieder gutmachen. Danach sieht es nach dem elften Spieltag aber nicht aus. Der FC belegt mit gerade einmal sechs Zählern aus elf Spielen den 17. Tabellenplatz. Und diese Misere geht natürlich nicht spurlos am Kölner Umfeld vorbei. Nachdem Sportdirektor Christian Keller lange im Fokus einiger unzufriedener Fans stand und steht, mehren sich nun auch kritische Töne gegenüber dem Trainer. Gerade nach dem desolaten Auftritt gegen Leipzig wurde Baumgart von einigen Fans in den Sozialen Medien für die Spielweise der Kölner kritisiert. Der Coach würde stur an seinem Spielsystem, an seinem Weg festhalten, hieß es. Daraus macht der 51-Jährige aber auch keinen Hehl. Baumgart betont immer wieder, dass er überzeugt sei, sein Offensivfußball sei für den FC der richtige.

Uth: „Wir machen genauso weiter“

Zuletzt erhielt der Trainer verbale Unterstützung von Mark Uth. „Es macht keinen Sinn, jetzt einen anderen Fußball spielen zu lassen. Wir machen genauso weiter“, sagte der Stürmer nach dem Augsburg-Spiel, bei dem der FC auch durchaus bewies, dass er mehr als nur konkurrenzfähig sein kann. Und auch Christian Keller erklärte am Tag nach dem bescheidenen Auftritt gegen Bochum, dass der Weg des Kölner Coachs der richtige sei und man an Baumgart und eben diesem „FC-Weg“ festhalte. Eine durchaus verständliche Marschroute. „Da gibt es eine Spielidee, die man in der Vorbereitung oder auch schon über Spielzeiten hinweg implementiert hat. Das ist eine Idee, die jeder Spieler mitgehen kann und für die der Trainer letztendlich auch steht“, sagt Professor Daniel Memmert vom Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik der Deutschen Sporthochschule Köln.

Mittlerweile steht sogar der gesamte Verein für diese Spielidee. Über sämtliche Mannschaften hinweg soll der Offensivfußball in Zukunft praktiziert werden. Die Junioren sollen so auf den Fußball vorbereitet werden, der bei den Profis Usus ist. „Wenn man von diesem Weg nun abweicht, müssen sich die Spieler zum einen natürlich an eine taktische Umstellung gewöhnen, vor allem aber verliert man eine gewisse Identität und damit auch die Spielkultur“, sagt Professor Memmert. Dabei geht es letztlich auch um die Glaubwürdigkeit des Trainers, der seinen Weg seit zweieinhalb Jahren vorantreibt und damit ja auch lange Erfolg hatte.

Ob dieser eingeschlagene Weg aber deswegen automatisch der richtige ist, ist so einfach nicht zu beantworten. Fakt ist, dass der FC mit seinen sechs Punkten den selbst gesetzten Zielen deutlich hinterherhinkt, gegen besonders offensive Mannschaften in dieser Spielzeit seine Probleme hat und den angestrebten Weg in einigen Begegnungen gar nicht entfalten konnte. Eine Systemumstellung ist grundsätzlich zumindest nicht undenkbar. „Natürlich können sich Spieler auch taktisch umorientieren und neue Spielideen lernen. Wie schnell das geht, hängt immer mit der Art des gespielten Fußballs zusammen und wie komplex am Ende die Umstellung ist“, sagt Professor Memmert. „Kleinere Dinge, die aber mitunter entscheidend sein können, kann man immer anpassen und das macht auch ein Steffen Baumgart im normalen Trainingsprozess.“

Professor Daniel Memmert: „Den eigenen Matchplan sollte man nicht einfach umwerfen“

Doch gerade gegen die Top-Teams der Liga – wie am kommenden Spieltag gegen die Bayern – wünschen sich in der aktuellen Situation einige Fans eine defensivere Ausrichtung. Nicht mit Baumgart, der vor dem Leipzig-Spiel betonte, dass er sicherlich keinen Bus parken werde. „Letztendlich sollte man doch immer versuchen, das umzusetzen, was man in der Regel auch beherrscht. Das ist sicherlich die sinnvollere Variante als etwas auszuprobieren, was man zehn Spieltage lang nicht getan hat“, sagt Professor Memmert. „Den eigenen Matchplan sollte man nicht einfach umwerfen. Ein guter Matchplan bedeutet, dass man die gegnerischen Schwächen erkennt und darauf seine Stärken anpasst. Man sollte unbedingt auf die eigenen Stärken setzen, auch wenn vermeintlich bessere Mannschaften kommen.“ 

Dass die Gegner nun nach zweieinhalb Jahren – wie unter einigen Fans diskutiert – das „Baumgartsche Spielsystem“ entschlüsselt haben, ist wohl zu einfach gedacht. Schließlich beschäftigen sich die Vereine im Vorfeld jeder Begegnung mit dem Gegner und das ausführlich. „Die Analysten machen im Grunde ja nichts anderes, als beim Gegner nach Schwachstellen zu suchen. Wenn eine Mannschaft immer wieder ähnlich spielt, dann ist es natürlich einfacher, Schwachstellen auszumachen und seinen Matchplan anzupassen“, sagt Professor Memmert. Aber: „Das ist ein viel zu komplexes System, als dass man es komplett entschlüsseln könnte. Zumal Trainer ihre Spielsysteme ja auch immer ein wenig verändern, es weiterentwickeln. Passiert das nicht, ist es natürlich leichter zu durchschauen.“ So oder so macht Baumgart nicht den Eindruck, als wolle er sein System umstellen. Vor wenigen Wochen wiederholte der 51-Jährige einmal mehr, dass er am Ende derjenige sei, der über die Aufstellung und Ausrichtung entscheide.


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