Das Geschäft mit den Leihspielern
Mit Jonas Urbig, Tim Lemperle, Marvin Obuz und nun Maxi Schmid hat der FC vier Spieler verliehen, gleichzeitig mit Luca Waldschmidt und Rasmus Carstensen zwei geliehen – weitere könnten folgen. Ein lukratives Transfer-Modell mit geringem Risiko – für alle Parteien.
In einer Medienrunde vor wenigen Monaten erklärte FC-Sportdirektor Christian Keller, dass er ein Freund von Leihgeschäften sei. Kein Wunder: das Geschäft mit den Leihspielern ist risikoarm, fördert die Akteure, ist vor allem aber eins: lukrativ.
Für Maxi Schmid könnte der Freitagabend ein ganz besonderer Abend werden. Hätte der 20-Jährige nicht schon eine Minute Europapokal erlebt, FC-Trainer Steffen Baumgart ließ ihn in der Conference League gegen den 1. FC Slovacko ran, würde der Angreifer sein Profidebüt feiern können, wenn er denn spielt. Denn Maxi Schmid ist an Rode Kerkrade verliehen worden. Eben mit der Absicht, möglichst viel zu spielen, Profifußball zu spielen. Ein Wunsch, den nicht nur der Spieler hegt. Denn Schmid gehört offenbar zu den Youngstern, denen der FC mittelfristig den Sprung zu den Profis zutraut. Genau deswegen wurde der Vertrag mit Schmid verlängert, genau deswegen wurde der 20-Jährige an Kerkrade verliehen. Und so könnte der junge Offensivmann am Freitagabend Zweitliga-Luft, wenn auch in den Niederlanden, schnuppern.
Für aufnehmenden Verein geringes Risiko
Einst verpönt sind Leihen mittlerweile ein probates Mittel bei der Kaderplanung geworden. Nicht umsonst haben die Kölner in dieser Transferperiode bereits vier Spieler ver- und zwei Akteure geliehen. Zumindest auf der Abgaben-Seite ist die Chance gar nicht so gering, dass weitere, etwa Nikola Soldo oder Florian Dietz, folgen werden. Leihen – wenn man so will eine Win-Win-Win-Situation: Der Spieler erhält Spielpraxis, kann sich weiterentwickeln und gleichzeitig für höhere Aufgaben empfehlen. Eine Leihe kann den Karriereschub, in einigen Fällen den Durchbruch bedeuten. Der aufnehmende Verein erhält einen Akteur für kleines Geld, der allerdings darauf brennt, seine Karriere voranzutreiben. Dabei geht der Klub ein denkbar geringes Risiko ein. Funktioniert der Spieler nicht, kehrt er mit dem Ende der Leihe zu seinem Heimatklub zurück, hat der Verein eine Kaufoption vereinbart und der Spieler entwickelt sich positiv, steht ein Schnäppchen im Raum. Und: In der Branche ist es üblich, die Leihgebühr an die Anzahl der Einsätze zu koppeln. Je häufiger der Spieler zum Einsatz kommt, desto weniger Gebühr muss der Verein bezahlen.
„Ich fand Leihgeschäfte schon immer gut und kann der Tatsache, dass man dadurch gegebenenfalls einen Spieler bekommt, den man eigentlich nicht kriegen würde, etwas abgewinnen“, sagte Christian Keller im Juni dem „Express“. Nur wenige Tage später erfolgte die Leihe von Luca Waldschmidt. Der Kauf des ehemaligen Nationalspielers wäre wohl nicht zu Stande gekommen. „Im Idealfall gibt uns der Stamm-Klub noch eine Kaufoption mit, dann kann man nicht viel falsch machen.“ So könnte der FC Luca Waldschmidt im kommenden Sommer für 4 Millionen Euro kaufen.
Ähnlich verhält es sich bei der Leihe von Rasmus Carstensen. Dem Vernehmen nach liegt die Kaufoption bei 1,5 Millionen Euro, laut der Online-Plattform Gool.ai liegt der Marktwert des 22-Jährigen aktuell bei 1,25 Millionen Euro, die KI des Portals prognostiziert Carstensen für den kommenden Sommer einen Wert von mehr als zwei Millionen Euro. Der FC hätte einen wirtschaftlichen Gewinn erzielt. Aktuell wird über eine Leihe von Faride Alidou von Eintracht Frankfurt spekulier. Der Außenspieler passt ins Profil der Kölner, Frankfurt will ihn verleihen – allerdings nicht mit einer Kaufoption.
Wirtschaftliche Aspekt spielt ebenfalls eine Rolle
Denn auch der abgebende Verein profitiert natürlich von einem Leihgeschäft. So wollen die Hessen den U21-Nationalspieler nicht verkaufen, da sie noch Potenzial in ihm erkennen, sich den Durchbruch erhoffen. Er soll erst einmal Spielpraxis sammeln, um sich zu entwickeln. Entwicklung, das Zauberwort beim Leihgeschäft. Die abgebenden Vereine erwarten eine Entwicklung der Spieler, die sie im Heimatverein aufgrund der Konkurrenz nicht ausreichend erhalten würden. Spielpraxis ist der zweite Begriff, der bei nahezu jeder Leihe genannt wird. Die Akteure sollen sich über ihre Einsatzzeit verbessern.
Und das sicher nicht nur aus sportlichen Gründen: Der wirtschaftliche Aspekt an dem Transfermodell ist nicht von der Hand zu weisen. Leihgeschäfte sind aus Klubsicht risikoarm, versprechen aber gleichzeitig hohe Gewinne. Die Leih-Gebühren decken einen Teil der Kosten, Verkaufserlöse bringen Gewinne ein. Denn durch die erhoffte positive Entwicklung steigt automatisch auch der Marktwert des Akteurs. Im Idealfall ist der Spieler also entweder so gut geworden, dass er dem eigenen Team helfen kann, oder er wird mit hohem Gewinn weiterverkauft. Zur Not folgt vorerst eine weitere Leihe. Aktuell berechnet Gool.ai den Marktwert von Alidou auf 1,3 Millionen Euro, für den kommenden Sommer prognostiziert das Online-Portal einen Wert von 2,6 Millionen Euro. Demnach könnten die Hessen den Spieler dann unter Berücksichtigung des doppelten Marktwerts und wenn sie noch wollten verkaufen.
Gool.ai berechnet den Marktwert der Kölner Leihspieler Jonas Urbig, Tim Lemperle und Marvin Obuz auf insgesamt rund 2.25 Millionen Euro, die Prognose der Online-Plattform liegt für die drei Akteure bei 3.85 Millionen Euro, der FC würde bei der aktuellen Berechnung eine Marktwertsteigerung von fast 75 Prozent erreichen. Ob gewollt oder nicht, der FC geht mit jeder Leihe ein geringes Risiko ein, eröffnet sich aber gleichzeitig die Chance auf einen satten Gewinn.
Fifa musste einschreiten
Ein Modell, dass über viele Jahre ad absurdum geführt wurde. Der FC Chelsea war beispielsweise für seine „Loan Army“ bekannt. Zwischenzeitlich hatte der Londoner Klub nahezu 40 Spieler (darunter auch Nachwuchsakteure) unter Vertrag, die an andere Klubs verliehen wurden. Manchester City hatte in der Spielzeit 21/22 33 Spieler verliehen und Atalanta Bergamo sogar 65. Mittlerweile ist die Fifa eingeschritten und hat die Regeln verschärft. So dürfen unter anderem nur noch maximal acht Spieler eines Klubs verliehen werden. Akteure unter 21 Jahren fallen allerdings nicht unter diese Regel. Zudem dürfen nur drei Spieler an den gleichen Klub verliehen werden. Mit Florian Dietz, Nikola Soldo und Dimitrios Limnios haben die Kölner weitere drei potentielle Leihspieler im Kader – nicht allen wird man eine positive Entwicklung zutrauen.
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