, ,
Startseite » Gegnercheck: variable Spielweise, starker Kader & Wirtz als Faktor

Gegnercheck: variable Spielweise, starker Kader & Wirtz als Faktor

Am Sonntag tritt der 1. FC Köln zum Nachbarschaftsduell bei Bayer Leverkusen an. Das Duell gegen die Werkself wird die bislang wohl schwerste Aufgabe in dieser Saison. Und das nicht nur, weil der FC gegen den Tabellenführer spielt.

Auch am 7. Spieltag der Bundesliga steht der 1. FC Köln vor einer schweren Aufgabe – sogar vor einer besonders schweren. Am Sonntag ist der FC zu Gast bei Bayer Leverkusen – alles andere als ein Selbstläufer. Das zeigt auch der Gegnercheck: variable Spielweise, starker Kader, Wirtz als Faktor

Als Steffen Baumgart vor gut zwei Wochen auf eine kleine Spitze von Bayer Leverkusens Social-Media-Abteilung angesprochen wurde, hatte der Kölner Coach umgehend und für Baumgart erwartungsgemäß die passende Antwort parat. Sinngemäß sagte der 51-Jährige, wenn man guten Fußball sehen wolle, müsse man zur Werkself gehen, wenn man ihn erleben, fühlen wolle, dann solle man doch bitte zum FC kommen, dem einzig wahren Klub der Region. Nun sagte Baumgart das nicht ohne den nötigen Respekt. Denn der Trainer weiß sehr wohl um die hohe Qualität des Gegners. „Leverkusen spielt wirklich sehr gut. Wenn man es neutral betrachtet, macht es Spaß, ihnen beim Fußball zuzuschauen“, so Baumgart. „Es ist nicht schwierig, gute Leistungen anzuerkennen.“

Leverkusens Offensive beginnt in der Defensive

Und so rechnet der Kölner Trainer am Sonntag wohl damit, dass die Zuschauer in der BayArena guten Fußball zu sehen bekommen, zumindest von der Werkself. Denn die Chancen stehen auch alles andere schlecht. Der Tabellenführer spielt aktuell wohl den reifsten und attraktivsten Fußball der Liga, steht nicht umsonst ungeschlagen an der Tabellenspitze und hat wettbewerbsübergreifend acht von neun Pflichtspielen gewonnen. Leverkusen hat aber schon gegen die beiden Großkaliber aus München und Leipzig gespielt. Aber was macht den Kölner Nachbarn so stark? Ein Teil der Wahrheit sind vor allem zwei Namen: Simon Rolfes und Xabi Alonso. Zunächst ist da Alonso, der seit seiner Amtsübernahme Leverkusen Schritt für Schritt weiterentwickelt hat. Bayer stellt sich schnell auf die Spielweise der Gegner ein und entwickelt eigene Ideen, die Gegner auszuspielen und bedient sich gleich einer Vielzahl an Spielweisen. Dabei verlässt der Trainer nur sehr selten seine 3-4-2-1-Ordnung. Die Leverkusener Offensive beginnt meist in der Defensive. Zumindest interpretieren die Defensivspieler ihre Rolle extrem offensiv, setzen die Gegner sehr früh unter Druck.

Bei Ballgewinn sucht Leverkusen den schnellen, den direkten Weg zum Abschluss. Die zentrale Rolle bei dem Offensivspiel übernimmt – und da müssen alle FC-Fans jetzt ganz tapfer sein – Florian Wirtz. Der Nationalspieler hat von Alonso alle Freiheiten auf dem Feld erhalten, nutzt diese auch und wurde so zum absoluten Dreh- und Angelpunkt der Leverkusener. Der 20-jährige Pulheimer kommt zwar auch erst auf ein Tor und zwei Assists in der Liga, hat aber schon 19 Torschussvorlagen abgegeben. Zudem leitet Wirtz mit seinen second und third Assists viele Chancen ein. Über die schnellen Schienenspieler werden ebenfalls viele Möglichkeiten kreiert. Dabei sind Flanken keine Waffe der Werkself. Leverkusen bringt im Schnitt pro Spiel weniger als sieben, der FC spielt mehr als 15 pro Spiel. Vielmehr spielen die Außen den Ball von der Grundlinie in den Rücken der Defensive. Diese Leverkusener Waffe will Alonso in der Rückwärtsbewegung dagegen unbedingt vermeiden. Durch die hohe Passsicherheit und Laufbereitschaft erspielt sich Leverkusen aber viel Ballbesitz.

Rolfes ist der Architekt des Erfolgs

Simon Rolfes ist der Architekt des starken, ausgeglichenen Kaders. Der ehemalige Nationalspieler wurde nicht umsonst im Sommer für seine Transferpolitik über den Klee gelobt. Mit Granit Xhaka und Jonas Hofmann hat Rolfes zwei routinierte erfahrene Mittelfeldspieler an den Rhein geholt. Beide übernehmen auf dem Feld Verantwortung, delegieren, lenken. Zwar war Nathan Tella von Southhampton die teuerste Neuverpflichtung, Victor Boniface ist dennoch der absolute Königstransfer der Leverkusener. Und das kommt für Steffen Baumgart alles andere als überraschend. Im Sommer hatte der Kölner Trainer betont, dass er eher einen Victor Boniface verpflichtet hätte, als einen Harry Kane und damit zumindest eine Reaktion von Bayern-Trainer Thomas Tuchel erzwungen. Mit seinen 1,90 Metern, seiner Physis hätte der Nigerianer sicherlich perfekt in das System der Kölner gepasst.

Ein weiterer Topzugang ist der Spanier Alejandro Grimaldo. Der Linksverteidiger lässt gewisse Parallelen zu Jonas Hector erkennen. Denn Grimaldo zieht es immer wieder ins Zentrum, von dem er auch selbst als kreativer Spieler in Erscheinung tritt – der 28-Jährige sucht dabei genauso selbst den Abschluss wie er auch als Vorbereiter in Erscheinung tritt. Der Spanier kommt bislang bereits auf drei Vorlagen und zwei Tore in der Liga. Dabei ist seine Schusstechnik beeindruckend, wie Grimaldo unter anderem gegen die Bayern oder Mainz per Freistoß bewies. Umso erstaunlicher, dass der Abwehrspieler ablösefrei an den Rhein wechselte. Der Marktwert des Spaniers wird von gool.ai auf 25.6 Millionen Euro berechnet. Auch von der Bank kann Alonso noch einmal Qualität bringen, wie das Europa-League-Spiel am Donnerstag gezeigt hat.

Und doch hat Leverkusen auch eine deutliche Schwäche. Die Gegentoranfälligkeit bei Standardsituationen. Bereits vier Gegentreffer kassierten die Leverkusener nach Freistößen und Ecken. Ob der FC daraus Profit schlagen kann, wird sich erst zeigen. Es spricht sicher nicht viel für die Geißböcke, aber es haben nicht nur Pokalspieler ihre eigenen Gesetze.

Der Vergleich:

Der Kaderwert spricht deutlich für die Gäste. Leverkusen erreicht laut Gool.ai einen Kaderwert von rund 405 Millionen Euro, der FC liegt aktuell bei rund 80 Millionen Euro. Kölns wertvollster Spieler ist Dejan Ljubicic (9.1 Mio), gäbe es in Leverkusen eine interne Liste der wertvollsten Spieler, würde sich der Österreicher auf Rang 16 einsortieren. Der wertvollste Spieler der Nachbarn ist – Achtung, wieder tapfer sein – Florian Wirtz, dessen Wert Gool.ai auf mehr als 55 Millionen Euro berechnet. Die Bilanz spricht für Leverkusen. Bayer hat von 75 Pflichtspielen 30 gewonnen, der FC nur 19.

Folgt uns auf:

Schreibe einen Kommentar